Freie Sicht: Lücken im Küstenschutzwald

Wunderschön ist es auf dem Ostseeküstenradwanderweg in Richtung Andershof und Devin zu radeln oder oder zu wandern, ist man doch fast immer nah am Strelasund. Vom Wasser getrennt wird man nur durch den Küstenschutzwald und alleine auch das ist ein wundervolles Naturerlebnis und für den Schutz der Küste überaus wichtig. Allerdings fallen an manchen Stellen Lücken auf und offensichtlich werden die aufwachsenden Büsche und Bäumchen immer wieder zurück gestutzt.

Das und viele andere Fragen zu Baum- und Waldschutz machen wir im Rahmen einer Großen Anfrage in der nächsten Bürgerschaftssitzung zum Thema und fordern seitens der Stadtverwaltung umfassende Antworten zum Erhalt von Bäumen, Wald und Stadtklima. Dazu erklärt Jürgen Suhr, Vorsitzender der BÜNDNISGRÜNEN Bürgerschaftsfraktion:

„Immer wieder agiert die Stadtverwaltung mit Zahlen zu Aufforstungsvorhaben und Baumschutz, die nur auf den ersten Blick beeindrucken können. So wurden nach Angaben der Verwaltung laut Baumkataster in den letzten drei Jahren 386 Bäume gefällt und im Gegenzug 458 Bäume gepflanzt. Darüber hinaus wurden im Jahr 2020 ca. 7.000 Bäume gepflanzt. In 2021 werden Aufforstungen in einer Größenordnung von ca. 40.000 Bäumen geplant. (Angaben zum Ausschuss für Bau, Umwelt, Klimaschutz und Stadtentwicklung im März 2021).

Wenn man einmal intensiver nachfragt, dann relativieren sich diese Zahlen deutlich. Denn angesichts der Tatsache, dass bei der Bepflanzung von Freiflächen z.B. bei der Buche zwischen 8000 und 10000 Pflanzen, bei der Eiche zwischen 6000 und 8000 Pflanzen, bei der Linde oder dem Ahorn 3500 bis 4000 Pflanzen oder bei der Kiefer alleine 10000 – 12000 Pflanzen erforderlich sind, um einen Hektar Wald aufzuforsten, wird deutlich, dass es mit den Aufforstungsbemühungen der Stadt nicht weit her ist. (Siehe Quelle)

Besonders schmerzlich ist es, wenn Waldflächen – wie jetzt beim Andershofer Wäldchen zu beobachten – gerodet werden sollen und der erforderliche Ausgleich nicht im Stadtgebiet, sondern außerhalb des Stadtgebiets (etwa auf Ummanz erfolgt). Damit ist dem Stadtklima und den Klimaschutzbemühungen in der Stadt wenig geholfen. Und wer mit 40000 Bäumen bei der Aufforstung beeindrucken will, der sollte sich ehrlich machen und ebenfalls offenbaren, dass alleine im Andershofer Wäldchen – konservativ geschätzt – derzeit etwa 30000 Bäume gezählt werden können, denn Sukzessionswälder sind deutlich enger bestückt als angepflanzte Wälder (Siehe Hintergrund).

Doch auch in vielfältiger anderer Hinsicht wird deutlich, dass dem Baum-, Wald- und damit auch dem Klimaschutz andere Interessen untergeordnet werden.

• Immer wieder werden im Küstenschutzwald am Ostseeküstenradwanderweg aufwachsende Gehölze beseitigt, bzw. zurückgeschnitten, vermutlich um einen freien Blick auf den Strelasund zu erhalten.
• Immer wieder wird an Einzelmaßnahmen deutlich, dass Bäume beseitigt werden und andere Interessen Vorrang haben wie zum Beispiel auf der kleinen Insel an den weißen Brücken.
• Immer wieder – wie derzeit an der Feldstraße – werden Flächen gerodet oder Bäume so beschädigt (geringelt), so dass sie absterben.

Was die konservative Mehrheit vom Baumschutz hält, wurde insbesondere deutlich, als vor 2 Jahren die Baumschutzsatzung aufgehoben wurde, eine Besonderheit im Vergleich zu vielen anderen Städten, die dem Baumschutz eine deutliche größere Wichtigkeit zuordnen.

Zunehmende Bauaktivitäten und zunehmende Versiegelung von Flächen passen oft nicht mit Baum- und Waldschutz zusammen. Wir wollen mit der „Großen Anfrage“ differenziert hinterfragen, wie es wirklich um den Baumschutz in der Stadt bestellt ist und ob es Änderungspotenzial gibt, die nachhaltige Auswirkungen auf eine grünere Stadt haben.

Unsere Fragen findet ihr unter dem Reiter „Anträge und Anfragen“.

Quelle: https://www.wald-mv.de/static/Wald-mv/
Dateien/GruenerOrdner/C1_Pflanzverbaende_UnterbauVoranbau_Bloessen.pdf)

Hintergrund: Der Andershofer Wald ist ca. 12000 qm groß. Auf der Hälfte der Fläche findet man eine dichte Bestockung vor (mindestens 5 Bäume pro qm), 1/4 der Fläche ist mit Stauden, Gräsern und beginnender Gehölzvegetation bestückt (etwa 1 Baum pro qm), ein weiteres Viertel mit älteren und dickeren Bäumen (ca. 1 Baum auf 3-4 qm). Die Größenordnung liegt insgesamt auf der Ebene durchschnittlicher Sukzessionswälder in diesem Alter, die deutlich stammzahlreicher als gepflanzte Wälder sind. Im Verlauf der Jahre nimmt die Stammzahl durch natürliche Entwicklung stetig ab.